Podcast am 29.09.2024 von Waltraud Brückl

Podcast über MK 9, 30 – 37 Es fühlt sich lebendig an oder in Resonanz sein

 

Ich begrüße euch alle ganz herzlich an diesem Sonntag zu meiner Audiobotschaft zum Thema „Eine gelingende Wertschätzung zielt auf Erreichbarkeit, nicht auf Verfügbarkeit“. Ich heiße Waltraud Brückl und bin Mitarbeiterin im Cursillo München.

Seit über drei Jahren erhalte ich und viele andere jeden Sonntag einen digitalen Gruß von Martin Knöferl. Er war ehemals Gemeindereferent in unserer Nachbargemeinde und arbeitet jetzt als Supervisor bei der Diözese Augsburg. Zudem erstellt er sehr ansprechende künstlerische Arbeiten aus altem Holz mit Gold und farbigem Glas. Im Forum11, welches er vor über 10 Jahren in der Nähe von Schrobenhausen gegründet hat, lädt er immer wieder verschiedenste Menschen aus Kunst, Musik und Spiritualität zu interessanten Abenden ein.

Zu einem seiner vorrangigen Themen haben sich die Gegensätze „Unverfügbarkeit“ und „Resonanz“ entwickelt. Inspiriert durch das gleichnamige Buch „Unverfügbarkeit“ des Soziologen Hartmut Rosa stellt er immer wieder neue Verknüpfungen her. Da mir dieses Thema seitdem in vielen Facetten meines täglichen Lebens, in der Arbeit im Kindergarten, in der Familie oder im Freundeskreis, begegnet, möchte ich Dich heute an meinen Gedanken teilhaben lassen.

Hartmut Rosa beschreibt in seinem Buch, wie der moderne Mensch versucht, sich die Welt immer mehr verfügbar zu machen, sie zu beherrschen, zu berechnen und ich möchte knallhart sagen, auszunutzen. Wir erforschen mit Hilfe von Technik und Wissenschaft immer mehr Bereiche unserer Um- und Lebenswelt, können in immer noch exotischere Gegenden reisen, optimieren mit Hilfe von Kalender und Laptop unseren Alltag, nicht nur in der Arbeit. Die Folgen für Klima, unsere Zukunft und unser Zusammenleben sind uns allen bekannt. Irgendwie scheint es, dass sich trotz Wissenserweiterung und sich die Welt immer mehr aneignen zu können, sich uns gleichzeitig Vieles entzieht. Die Welt erscheint uns manchmal wie tot. Nicht selten sagen wir, dass die Zeit immer noch schneller verrinnt und uns alles entgleitet. Es fehlt das Resonanzgeschehen, wie es Hartmut Rosa aufzeigt. Wir wollen alles selber machen, tun uns schwer mit dem Warten und dem geduldigen Hinhören und Hinsehen auf die Fingerzeige der Natur oder auf unsere Mitmenschen mit ihren ganz persönlichen Themen und Problemen. Umso mehr sehnen sich die meisten Menschen nach einem wechselseitigen Austausch, nach einem beziehungsvollen Miteinander. Immer mehr merken wir: Wir brauchen und wollen keine fertigen und schnellen Antworten, die uns letztendlich nicht befriedigen. Dies erfahren wir ja auch immer wieder in unseren Cursillos.

„Eine gelingende Wertschätzung zielt auf Erreichbarkeit, nicht auf Verfügbarkeit.“ An einigen Beispielen möchte ich aufzeigen, wo sich mir diese Aussage aufdrängt und ich immer tiefer in deren Bedeutung kommen darf.

Diesen Sommer machte ich eine Kultur- und Wanderreise mit einer Gruppe in Irland. Zum einen konnten wir viele interessante Kulturstätten besichtigen, zum anderen lange Wanderungen machen. Das klang sehr verlockend im Reiseprospekt, im Gegensatz zum ganz normalen Urlaub mit Radeln und Wandern. Und wenn man schon einmal mit dem Flugzeug verreist, kann man gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, dachte ich. Und doch, so ganz ging meine kluge Berechnung nicht auf. Eindeutig hinterließen die Wanderungen in der oft unverfälschten Natur einen viel tieferen Eindruck als die halbstündigen Fotostopps an sehenswerten Kulturstätten. Ich brauche keine zusätzlichen Tafeln mit Erklärungen zum Erwerb von Wissen oder Motivationsschüben, wie man sie in vielen touristischen Gebieten findet, um erfüllt den Tag zu beschließen. Ich merkte wieder einmal: Es geht nicht darum, möglichst viel zu sehen oder auf der Kamera zu verewigen, so schön Fotos zur Erinnerung sind, sondern um einen nachhaltigen Eindruck. Es fühlt sich lebendig an, wenn man mit dem Naturschauspiel von Wellen, Wasser und Wind, mit den Mitreisenden oder der Natur und der Lebendigkeit seines eigenen Körpers in Resonanz treten kann. Die Muse zum Verweilen waren der wirkliche Gewinn, brachte in mir etwas ins Schwingen und ermöglichte ein „leer werden“ nach einem stressigen Arbeitsjahr. Es geht darum, was mich im Herzen erreicht und anspricht und nicht, was mir zur Verfügung steht und ich schnell auch noch mitnehmen kann. Das ist wohl gelingende Wertschätzung. Das meinte wohl auch Ignazius von Loyola, wenn er sagt: Nicht das Vielwissen sättigt die Seele und befriedigt sie, sondern das Verspüren und Verkosten der Dinge von innen her.“  Wirkliches Verkosten benötigt ein hohes Maß an Wertschätzung für mich selbst, den Menschen mit denen ich zu tun habe, der mir zur Verfügung stehenden Zeit und den Dingen um mich herum. Diese innere Zufriedenheit im Verkosten kennt jede und jeder von uns. Gott sei Dank! Sie wünsche ich uns immer mehr. Dazu ein Gespür, die Situationen zu erkennen und dankbar darauf zu schauen; mit dem Wissen, dass es sich nicht auf Knopfdruck wiederholen lässt, weil der Mensch Resonanzgeschehen nicht machen kann. Man kann es sich nur schenken lassen.

Dies wollte auch Jesus seinen Freunden und uns heute immer wieder nahebringen. Beim Hören des Evangeliums vom letzten Sonntag nach Mk, 9,30 – 34 musste ich auch wieder daran denken. Die Erzählung ist uns allen bekannt. Die Jünger streiten sich während des Unterwegsseins untereinander, wer der Größte unter ihnen sei. Während Jesus sie auf seinen bevorstehenden Leidensweg vorbereiten und für die Tiefe seiner Botschaft sensibilisieren wollte, versuchen die Jünger sich an den weltlichen Maßstäben festzuhalten und eine Ordnung in ihr Gruppengefüge zu bekommen, Wertigkeiten und Hierarchien aufzustellen und verfielen allzu schnell in den „Macher-modus“. Ist das nicht auch uns allzu bekannt?

Da kommt mir noch ein weiteres Beispiel in den Sinn. Zurzeit schaue ich gerne die Serien des Films „The Chosen“ an, indem das Leben Jesu, nicht nur die Passion, erzählt wird. Es gibt viele Szenen, wie Jesus seine Freunde und Freundinnen behutsam in die Tiefe ihrer Seelen führen möchte und sie ihre wirkliche „Größe“ erahnen dürfen. Mit viel Feingefühl, Szenen, die ins Detail gehen und mich sehr zum Nachdenken anregen, zeigt der Regisseur auf, wie Jesus gelingende Wertschätzung vorlebt, um die Menschen zu erreichen. Es geht letztendlich um eine Haltung und nicht um sich jemanden oder etwas verfügbar zu machen. „Sich selbstvergessen dem Leben in die Arme werfen“, hörte ich letzthin in einer Predigt. Und ich möchte es mit dem Zusatz „sich Gott in die Arme werfen“ ergänzen. Dafür ist mir Jesus ein großer Lehrmeister. Und sehr klar stellt der Film auch gegensätzliches Verhalten dar, bei dem keine Resonanz entstehen kann. Die Vielfalt des Machtmissbrauchs der Römer wird anschaulich in verschiedenen Rollen dargestellt. Es ist ein Versuch, alles und jeden in den Griff zu bekommen, zu kontorollieren und den eigenen Vorstellungen von Leben zur Verfügung zu stehen.

Dazu möchte ich einen Ausschnitt aus einem Gebet unseres Cursillo-Buchs lesen. Ihr findet es im neuen Gebetsanhang auf Seite 27, Nummer 16 „Begleite Du unsere Schritte“

Wir wollen andere nicht richten, sondern stärken.

Wir wollen ihre Ängste nicht überspielen, sondern sie teilen.

Wir wollen Zweifel nicht bestreiten, sondern als Aufbruch wertschätzen.

Wir wollen Vertrauen wachsen und Verständnis reifen lassen.

Wir wollen demütig bleiben und lieber kleine Schritte tun als zum Himmel greifen.

Diese Zeilen bete ich oft. Es klingt so einfach, aber ist doch im Alltag so schwer zu leben. Gott sei Dank darf ich Resonanz und gelingende Wertschätzung in meiner Arbeit im Kindergarten oftmals erleben. Und sollte ich es einmal wieder vergessen, weil ich zu viele Aufgaben und Planungsgedanken im Kopf habe während ich durch die Gänge des Kindergartens flitze, ruft sicher ein Kind aus einer Spielecke: „Waltraud, schau mal, mein Flieger.“ und strahlt mich an. Da fällt mir eine Erwiderung und ein Lächeln nicht schwer und bringt in uns beiden etwas zum Schwingen, eben weil es nicht zwangsläufig verfügbar oder künstlich machbar ist, sondern unverfälscht aus dem Herzen des Kindes kommt und mein Herz erreicht. Dieses Resonanzgeschehen, dass hoffentlich jede und jeder von euch erleben darf, steht uns nicht einfach zur Verfügung, sondern wir können es mit Wertschätzung und Liebe geschehen lassen. Solche Momente wünsche ich uns allen täglich.

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